Liebe Gemeindemitglieder, liebe Leserinnen und Leser,
eine Frau sagte kürzlich, sie freue sich so sehr auf den Sommer, denn „da ist alles so schön leicht, hat so eine Leichtigkeit…“
Gleich kommen mir zwei Gedanken: Ja, ich verstehe das Wort ‘Leichtigkeit‘ – und auch ich denke an eine sommerliche Waldlichtung, eine Aue, über der die Sonne scheint, alles grünt drumherum – einfach schön. Allerdings kenne ich es auch, dass eine sommerliche Hitze sehr schwer auf dem Körper lasten kann. Vor allem in der Stadt. Die drückende Schwüle ist oft kaum zu ertragen inmitten des aufgeheizten Betons. Stadtplaner:innen haben die Lebensqualität von uns Bewohner:innen wohl selten im Auge. Denn erholsame Grünflächen, oder einfach unbebaute Grundstücke, die es jetzt noch gibt, wollen diese Menschen immerzu auffüllen mit furchtbaren Blockbebauungen, dazwischen dann nur noch ein bisschen mit „Feigenblatt“-Grün. Die kommen auf richtig schlimme Ideen….
Das Zweite ist ein Ohrwurm: „es reist sich besser mit leichtem Gepäck…“ hallt es in meinem Kopf wie ein Echo. Eigentlich habe ich dieses Lied nur ein paar Mal nebenbei im Radio gehört – so richtig auf den Text geachtet habe ich noch kaum. Nur diese Zeile hat sich mir eingeprägt. Und jetzt suche ich also den Text heraus. Und ja, textlich keine weitere Überraschung, doch die Zeilen sind wahr und treffen mich: Ich hab‘ zu viel Ballast, schleppe zu viel Kram mit mir herum. Sogar wenn ich tatsächlich einmal ein paar Tage verreist war: Immer wenn ich am Zielort den Koffer oder die Tasche aufgemacht hatte, dachte ich: Was hab ich denn da alles für einen Kram eingepackt? – Viel zu viel! Es war ja „nur für den Fall“.
„Nur für den Fall“ hat für einen anderen gar keine Bedeutung. Denn der ist sich sicher, dass jeder Mensch schon alles dabei hat, was er wirklich braucht: Jesus, der seine Jünger aussendet. Sie sollen nicht mal ein zweites Hemd mitnehmen (Mk 6,7ff.). Der kannte zwar meinen Ohrwurm noch nicht. Doch Jesus war sicher: Ihr braucht sonst nichts. Auch nicht „für den Fall…“ Ihr habt mit Gottes Wort alles dabei. Und darauf könnt ihr euch fest verlassen. Das ist mutig. Und die Jünger haben es dann wohl genauso gemacht. Keiner ist verhungert, keiner an Peinlichkeit über ein verschmutztes Gewand im Boden versunken. Jedenfalls hören wir im biblischen Text von solchen Komplikationen nichts. Das könnte ich so (noch) nicht.
Mit dem Ohrwurm in mir gehe ich aber jetzt meine Wohnung durch. Und mit der Frage: Brauchst du das wirklich? Was für ein „Fall“ sollte das sein? Ja, sie hatten recht, die Musiker:innen von Silbermond. Das was ich so sehe, sind Dinge, Zeug, Kram. Und in ihrem Moment waren sie bestimmt wichtig – eins war von Herzen geschenkt vom guten Freund, das andere füllte die allzu leere Ecke so schön aus. Aber wirklich brauchen? Nein, an die liebe Absicht des Freundes erinnere ich mich auch ohne den Gegenstand ganz genau. Und die Ecke dürfte auch ein bisschen leer bleiben – könnte beim Denken hilfreich sein.
Das Lied singt auch vom Ballast auf der Seele. Das ist ein bisschen schwieriger. Aber vom Hin-und-her-Schieben wird es auch nicht weniger. Im Sommer also, wenn die Hitze mal wieder drückt, wird damit mal aufgeräumt. Ja, es wird ein bisschen dauern, bis ich den Brief schreibe, der so lange schon überfällig ist, aber ich will es, denn „es reist sich besser mit leichtem Gepäck.“
Anders als im Lied, muss ich von den Gegenständen in meiner Wohnung aber nichts anzünden (schon wegen des Klimawandels!); aber ich werde nächstes Mal gründlicher nachdenken, bevor ich was anschaffe. Außerdem werde ich Freunden und Freundinnen mitteilen, dass sie mir bitte nur noch etwas schenken sollen, was man austrinken oder aufessen kann – nichts mehr, was Staub fängt. Und für die Seele: Jesus hat natürlich recht. Von ihm haben wir, was wir wirklich brauchen, und im Grunde haben wir es immer dabei. Das ist doch beruhigend.
Er kann kommen, der Sommer. Und einen ebensolchen, der Leichtigkeit und Sorglosigkeit mit sich bringt, den wünsche ich Ihnen sehr herzlich!
Ihr Pfarrer Thomas Jourdan